Gamma Knife Bestrahlung des Hirn Angioms – Unsere Erfahrung

Ein Hirntumor ist eine absolute Horrornachricht. Gut, dass es sich bei uns zumindest um ein Angiom (AVM) handelte und wir es mit einer Gamma Knife Bestrahlung behandeln konnten. Hier ist unsere Erfahrung, welche wir mit euch teilen wollen.

Diese Woche war es soweit, das Angiom (AVM = Arteriovenöse Malformation) wurde im Radiochirurgie Zentrum in Frankfurt am Main mit dem Gamma Knife Verfahren behandelt. Genau wie in meinem Subarachnoidalblutungs-Bericht möchte ich euch hier von unserem erlebten berichten. Erstrecht, weil obwohl es etwas sehr ernstes ist, doch alles sehr gut verlaufen ist und es wichtig ist auch über positives zu berichten und Hoffnung zu spenden.

Ein Angiom ist ein gutartiger Tumor und war bei der Subarachnoidalblutung aufgefallen, welcher eventuell zum Aneurysma geführt haben könnte, aber man dies nicht zu 100% bestätigen kann. Beim Angiom funktioniert der Blutaustausch von der Arterie in die Vene nicht richtig und das Blut sammelt sich in einer Blase. Das große Risiko dabei ist, dass das Angiom platzt und es zu einer Hirnblutung kommt.

Insgesamt gibt es vier Methoden, wie mit dem Angiom umgegangen werden kann. Ich werde diese hier vorstellen und ein paar persönliche Kommentare dazu geben.

Nichts machen

Ja richtig. Einfach nichts machen. Auch wenn es sich komisch liest, hatten einige Neurologen und Neurochirurgen das nichts machen als Option in Betracht zu ziehen. Die Begründung war gewesen, dass das Angiom zwar da sei, aber es nicht bedeutet, dass es platzt. In diesem Fall wäre es Schicksal zu spielen nur mit der Gewissheit zu leben, dass jederzeit etwas passieren könnte.

Wir haben diese Möglichkeit besprochen, aber es war recht schnell klar gewesen, dass wir das Nichts tun nicht in Betracht ziehen würden.

Embolisation, der Superkleber aus der Schweiz

Ein Verfahren aus der Schweiz erlaubt es tatsächlich, dass Angiom mit einem Spezialkleber zu zukleben. Dabei wird ein Katheter in die Leistenarterie eingeführt, welcher vorbei am Herzen direkt ins Gehirn geschoben wird bis zum Hirn Angiom und es dann mit dem Kleber verklebt wird. Diese Behandlung wird von einem Neuroradiologen durchgeführt.

Die Behandlung soll sehr schonend sein und vor allem sehr viel versprechend. Man geht davon aus, dass es fast unmöglich ist, dass das Angiom in der Zukunft platzt.

Vor dem Katheter und dem Zugang in der Leistenarterie müsst ihr keine Angst haben. Es hört sich zwar grauhenvoll an und es bereitet den Neroradiologen viel Mühe und Können ab, aber einen Zugang habt ihr eh durch eine vorher durchgeführte Angiographie.

Uns wurde diese Behandlung zwar geschildert, aber die Empfehlung ging ab davon. Es wurde damit begründet, dass man durch die gleiche Kopfarterie müsste, welche während der Subarachnoidalblutung von Vasospasmen betroffen gewesen sei. Die Neurologen wollten hier kein Risiko eingehen, durch eine erneute Reizung weiteren Schaden hervorzurufen.

Das Angiom Operieren

Also blieb vorerst die Operation des Angioms. Das bedeutet, dass der Schädel an der zu operierenden Stelle rasiert werden musste und die Schädeldecke aufgeschnitten und das Hirn freigelegt wird. Das Angiom wird dann durch die ruhige Hand des Neurochirurgen vorsichtig herausgeschnitten und das Schädelstückchen wieder eingesetzt.

Der riesen Vorteil der Operation ist, dass wenn alles gut geht, das Angiom sofort weg ist. Der Patient ist physisch sofort zu 100% geheilt.

Der Nachteil dabei ist zum einen die eventuell später eintretende Psyche und bei uns das Risiko, dass die linke Seite komplett gelähmt werden könnte, weil das Angiom auch noch im Bewegungszentrum liegt. Über diese Behandlung haben wir uns lange unterhalten. Sehr lange und es waren sehr intensiv-empotionale Momente. Und wir haben uns dagegen entschieden. Weil es noch eine vierte Möglichkeit gab.

Die Gamma Knife Bestrahlung

Von der Gamma Knife Bestrahlung habe ich im Internet gelesen und wurde während der Zeit der Subarachnoidalblutung nicht von den Neurologen darauf hingewiesen. Das kam erst später, als wir zu einem erneuten MRT ins Krankenhaus mussten. Unser betreuende Neurochirurg Dr. Reinhard vom  Duisburg Nord erklärte uns, welche Möglichkeit wir hätten. Und er erzählte uns, dass er die Ergebnisse an das Neurologiezentrum Frankfurt senden würde wollen, weil dort mit Hilfe der Gamma Knife Bestrahlung womöglich ein schonenderes Ergebnis erzielt werden könnte.

Wir haben dem zugestimmt und waren zu einem persönlich Gespräch da gewesen. Dr. Wolff vom Radiochirurgie Zentrum in Frankfurt hatte sich sehr viel Zeit für uns genommen. Da er alle Berichte vom Klinikum Duisburg Nord erhalten hatte, wusste er auch über alles bescheid und war auch sehr überrascht, wie es der Patientin ging und dass sie sich vollkommen bewegen konnte. Nach einiger Zeit haben wir uns für das Gamma Knife entschieden, auch wenn es ehrlich gesagt von Anfang an unser Favorit gewesen war.

Das solltet ihr zu Gamma Knife vorab wissen und Gamma Knife Risiken

Herr Dr. Wolff sagte, dass Angiome heute nicht mehr bestrahlt würden, wenn sie nicht geblutet haben. Das ist zumindest ein aktueller Trend und man wartet auf die ersten fundierten Erkenntnisse. Unser Angiom konnte bestrahlt werden, weil man davon ausgeht, dass es eventuell zu der Subarachnoidalblutung geführt haben könnte. Das Angiom war Quasie ein Teilbluter gewesen. Außerdem ist das Angiom mit ca. 1,5 – 1,7 cm verhältnismäßig klein und hätte bei dieser Größe eine hohe Erfolgsaussicht auf Heilung. Und da ist der Knacks. Wer sich für die Gamma Knife Bestrahlung entscheidet, der sollte sich auch dessen bewusst sein, dass es im Gegensatz zu den beiden anderen Möglichkeit hier keine Garantie gibt, dass das Angiom durch die Bestrahlung verschwindet. Und wenn, dann werden die ersten Ergebnisse frühestens in 6 Monaten zu sehen sein. Und das Ergebnis wird uns nur eine erste Tendenz aufzeigen, denn das endgültige Ergebnis würde in ca. 2 Jahren festgestellt werden können. Erst dann wird über weitere Maßnahmen gesprochen. Es könnte also sein, dass das Angiom sofort weg ist. Es könnte aber auch sein, dass die Behandlung gar nicht oder nur teilweise angeschlagen hatte. Dann stünde man wieder vor der Entscheidung, es entweder Verkleben oder operieren zu lassen. Oder eben es auch sein zu lassen.

Um den Grund hierfür zu begreifen, muss man verstehen, was beim Gamma Knife passiert. Die Bestrahlung soll im Endeffekt eine Entzündung hervorrufen, welche dazu führen soll, dass sich das Angiom vernarbt und somit von innen verschließt. Es wird dabei nur eine einzige Bestrahlung von Nöten sein, was einen zusätzlichen Vorteil bietet.

Statistisch gesehen sind Gamma Knife Risiken ehr harmlos, weswegen wir uns auch hierfür entschieden haben. Es soll wohl nur in ca. 5 % aller Fälle zu Komplikationen kommen. Aber wenn etwas passiert, dann ist es eine Katastrophe. Die Katastrophen in unserem Fall wären, dass das Angiom noch während der Bestrahlung platzt und es zu einer Hirnblutung kommt oder dass das gesunde Hirngewebe bestrahlt wird. Wenn etwas passieren sollte, dann weiß man es sofort. Ich hoffe, dass euer Arzt euch auch über diese Gamma Knife Risiken aufklärt auch wenn diese eigentlich keiner hören möchte gehören sie doch dazu.

Ihr solltet auch wissen, dass für Gamma Knife Kosten anfallen. Obwohl Gamma Knife seit den 90er in Deutschland zugelassen ist, kann es vorkommen, dass die Kosten von einigen Krankenkassen nicht übernommen werden. Wir wurden bei unserem Besuch in Frankfurt auch darauf angesprochen und man sagte uns sofort Hilfe zu, dass sich das Radiochirurgie Zentrum mit der Krankenkasse unterhält. Obwohl es bei uns ungewöhnlich lange dauerte, bis sich unsere Krankenkasse dazu entschlossen hatte die Kosten für die Behandlung zu übernehmen, möchte ich mich doch für die Bewilligung bedanken liebe AOK Rheinland und an die wunderbare Sachbearbeiterin, welche mit Ruhe und Zuversicht nicht nur anrief sondern sich auch über den aktuellen Zustand informierte. Schön auf solche Menschen zu treffen.

Auch wenn wir uns die Gamma Knife Bestrahlung und das Vorgehen genau haben erklären lassen, war uns doch nicht so ganz klar gewesen, worauf wir uns einlassen. Deswegen will ich hier so genau wie nur möglich euch einen Einblick geben, was euch erwartet und das aus der Sicht des Patienten/Angehörigen.

Ich weiß nicht, wie es in den anderen Gamma Knife Zentren abläuft, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich alle mehr oder weniger ähneln müssten. Für uns fing der Behandlungstag ganz früh an. Ich zeige es anhand eines Zeitraffers:

07:15 Uhr: Die Vorbereitung

Im Radiochirurgie Zentrum Frankfurt angekommen und alle Unterlagen abgegeben. Es wurde ein OP Hemd angezogen und ein Zugang am Arm gelegt, für den Fall der Fälle.

08:00 Uhr: Der Neurochirurg passt den stereotaktischen Rahmen an

Der Neurochirurg kommt und passt den stereotaktischen Rahmen dem Kopf an. Hierfür werden die Stellen mit einer Spritze betäubt, wo die Hacken am Schädel angebracht werden. Das tut ziemlich weh aber die Betäubung wirkt innerhalb weniger Minuten. Erst dann wird der stereotaktische Rahmen mit spitzen Schrauben am Schädel fest gemacht. Es sieht für außenstehende schlimm aus, aber man selbst verspürt keinen stechenden Schmerz, sondern eher ein Druck. Die Schrauben des stereotaktischen Rahmens werden nach und nach immer fester angezogen, damit sich dieser nicht löst. Denn einmal fest verschraubt, werden alle Untersuchungen damit durchgeführt und die Bestrahlung anhand der Vermessung vorgenommen.

Gamma Knife Bestrahlung des Angioms mit stereotaktischem Rahmen

Gamma Kife Bestrahlung. So sieht es mit dem stereotaktischem Rahmen aus, damit ihr einen Vorstellungskraft habt, was auf euch zukommen könnte.

09:00 Uhr: Es geht zur Angiographie

Eine neue Angiographie des Kopfes wird durchgeführt. Hier wird Kontrastmittel mit Hilfe eines Katheters über die Leistenarterie gespritzt. Durch das Kontrasmittel werden die Blutgefäße im CT (Computertomographie) sichtbar.
Das blöde an der Angiographie ist, dass man nun ca. 4 Stunden warten muss, bis sich die Arterie ein wenig verschließt, damit mit der Gamma Knife Bestrahlung begonnen werden kann.
Richtet euch deswegen darauf ein und vor allem besorgt euch etwas zu Essen und zu Trinken. Nimmt euch Besteck mit, damit ihr alles klein schneiden könnt und einen Strohalm damit ihr trinken könnt. Denn der stereotaktische Rahmen wird euch ziemlich einschränken.
Auch wenn es blöd klingt, sollte der Patient, nicht all zu viel während der 4 Stunden trinken, da er nicht ohne weiteres aufs Klo gehen kann.

12:00 Uhr: Jetzt noch ein MRT

Zusätzlich zur Angiographie wird noch ein großes MRT gemacht. Das MRT dauert ca. 30 Minuten und ihr solltet definitiv keine Klaustrophobie haben. Ansonsten sprecht den Arzt drauf an. Vielleicht kann er euch ein Beruhigungsmittel geben.

Anhand der Bilder des CTs und MRTs wird der Neurologe die Bereiche kennzeichnen, welche bestrahlt werden inkl. der Strahlungsintensivität und -dauer. Herr Dr. Wolff zeigte uns die Bilder und was er vor hatte. Sprecht also mit eurem Neurochirurgen und Neuroradiologen sollte er nicht von selbst auf euch zukommen.

14:00 Uhr: Nach 7 Stunden geht es mit Gamma Knife weiter

Es geht los und wir sind inzwischen auch ganz froh. Denn die ganze Warterei ist fast unerträglich. Dr. Wolff erklärt uns die Strategie der Bestrahlung. Wie oft, wie lange und mit welcher Intensität die entsprechenden Hirnbereiche bestrahlt werden.

Insgesamt dauert die Gamma Knife Bestrahlung knapp 2 Stunden. Wobei die reine Bestrahlung nur 62 Minuten beträgt. Die restliche Zeit wird dafür verwendet, immer wieder den stereotaktischen Rahmen neu auszurichten und auch den Collimator wechseln.
Zum Ende wurde der stereotaktische Rahmen abgenommen, die kleinen Wunden behandelt und das wars. Kurz vor 17 Uhr, nach knapp 10 Stunden, war alles vorbei und wir konnten sofort nach Hause fahren. Die 5 %ige Katastrophe ist ausgeblieben und ich merkte selbst, wie die Last von mir abfiel.

Gamma Knife Video

Wer Lust oder gar Interesse hat, sich eine kurze Videoproduktion des Gamma Knife Verfahrens anzuschauen, der kann das hier machen.

Auch hier habe ich noch ein weiteres gutes Video gefunden. Es ist zwar in englisch, aber das Gamma Knife Verfahren wird sehr gut dargestellt.

So kurz nach der Gamma Knife Bestrahlung können wir erst einmal behaupten, dass wir uns genau richtig entschieden haben. Wir sind gespannt, wie die ersten Ergebnisse in 6 Monaten sein werden.

Die Bestrahlung ist sehr gut und ohne Vorkommnisse verlaufen. Der Schädel fühlt sich nach ein paar Tagen fast ganz normal an. Auf der rechten hinteren Seite ist er noch immer etwas taub aber das scheint normal zu sein.

In 6 Monaten werden wir einen neuen MRT Termin im Klinikum Duisburg Nord haben und den Fortschritt der Gamma Knife Bestrahlung uns anschauen. Natürlich sind wir ganz gespannt auf die Ergebnisse und hoffen, dass alles so gut verläuft wie bisher.

Wir halten euch auf dem laufenden

Die erste Untersuchung: 6 Monaten nach Gamma Knife Bestrahlung

Eine wunderbare Nachricht. Die neusten Fotos zeigen, dass das Angiom bereits jetzt an Größe erheblich abgenommen hat. Es ist wirklich eine wunderbare Nachricht und wir kommen aus dem Lachen nicht mehr heraus. Wer hätte es gedacht, dass es so verlaufen wird.

Jetzt heißt es sich belohnen und wir gehen gemeinsam essen und verbringen einen wunderschönen Abend. Das Leben kann so schön sein.

Die zweite Untersuchung: 12 Monate nach Gamma Knife Bestrahlung

Was für ein unglücklicher Tag. Es gibt keine schlechten Nachrichten, denn es gibt gar keine Neuigkeiten. Unser Neurochirurge war in einer Not OP und deswegen hat ein sehr junger Kollege die Deutung der Ergebnisse übernommen mit dem Ergebnis, dass er dazu nichts sagen kann und dass die Untersuchung mit Hilfe einer Angiographie durchgeführt werden sollte.

Wir entscheiden uns erst einmal dagegen. Wahrscheinlich einfach nur deswegen, weil wir selbst noch nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen. Nach ein paar Telefonaten mit den Ärzten entscheiden wir uns die nächste Untersuchung abzuwarten.

Die dritte Untersuchung: 22 Monate nach Gamma Knife Bestrahlung

Jiiiipppppiiiii – Es ist nichts mehr zu sehen. Das Angiom ist nach der ersten Gamma Knife Bestrahlung vor 22 Monaten nicht mehr zu sehen. Der Wahnsinn. Wir hatten nach der letzten Untersuchung damit gerechnet, dass irgendwelche Nebenwirkung nach der Gamma Knife Behandlung aufgetreten sind oder das sich das Angiom wieder vergrößert hatte. Aber nichts da. Es ist auf den Bildern nichts mehr zu sehen. Wir können unserer Glück kaum fassen und ehrlich gesagt auch nicht richtig realisieren. Welche Möglichkeiten sich uns öffnen.

Danke liebes Krankenpersonal für eure professionelle Bemühungen. Für uns fängt ein neues Leben an.