Unser möchtegern Superminister Dobrindt will ein modernes Risikomanagement bei Großprojekten – Dabei denkt er aus meiner Sicht falsch

Nicht das Risikomanagement ist schwach, sondern auch die Gesetze, welche den Staat dazu verpflichten auf das günstigste Angebot zu setzen. Hier muss leider mehr gemacht werden, als sein Gesicht in die Kamera zu halten.

Ich habe bereits am 23.12.2013 einen Artikel über unseren Minister Alexander Dobrindt geschrieben mit der Aussage, dass ich gespannt bin, was er in seiner Zeit so erreichen wird. Jetzt ist fast ein ganzes Jahr vergangen und außer viel heiße Luft kann man noch nicht sehen. Hier ein paar Beispiele:

  • PKW Maut – wird fast von allen abgelehnt
  • Ausbau schnellerer Leitung – unmöglich, da das Geld dafür fehlt

Und jetzt macht sich Dobrindt drauf und dran ein verbindliches Frühwarnsystem zu installieren für Großprojekte. Quasi ein modernes Risikomanagement, damit so etwas wie z.B. der Berliner Flughafen nicht mehr passieren.

Es werden 20 Prozent Pauschal auf die Gesamtkosten eingeplant
Quelle: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/bundesverkehrsminister-dobrindt-fordert-neues-risikomanagement-fuer-grossprojekte/10832860.html

Vernunft und Blindheit liegen nah beieinander

Die Aussage klingt vernünftig und vollkommen richtig. Jedes Unternehmen und dazu gehört auch die Politik sollte so etwas haben. Nur stellt sich mir hier als aller erstes die Frage, ob bisher unserer Politiker mit zahlreichen Sitzen in Aufsichtsräten an so etwas nicht hätten früher denken sollen?

Nein, ich denke nicht. Ich denke, und das meine ich im vollen ernst, diese Art der Frühwarnsysteme und des Risikomanagements sind bestimmt installiert. Es muss an etwas anderem liegen.

Schlechte Ausschreibungen und immer der günstigste

Woran kann es liegen, dass Kosten explodieren? Am falschen Management? An der Politik? Am Bauunternehmer? Schwierig zu sagen. In der Presse zumindest wird in der Regel der Bauunternehmer an den Pranger gestellt, schließlich will er die Zusatzarbeiten bezahlt bekommen. Dabei sollte jeder verstehen, woran ein Unternehmer wirklich verdient? Es ist nicht unbedingt der Auftrag selbst, sondern die Zusatzarbeiten, welche noch geleistet werden müssen.

Nur welche Zusatzarbeiten sollen denn noch kommen, wenn das Projekt bereits geplant und kalkuliert wurde? Dazu habe ich mich mit ein paar Unternehmern unterhalten, welche bereits für die Stadt oder das Land oder den Bund gearbeitet haben. Und ich habe mich mit einem Freund unterhalten, der einen Meisterbrief besitzt und für die Stadt arbeitet. Ich bin mir sicher, dass das was ich aus meiner ganz persönlichen Sicht schreibe, werden einige von euch bereits selbst wissen oder in Erfahrung bringen.

Die Sicht der Unternehmer

Wer an offentlichen staatlichen Ausschreibungen teilnimmt bekommt vorgeschrieben, was er zu leisten hat. Anhand dieser Ausschreibung wird ein Angebot erstellt und abgegeben. Jetzt ist es natürlich so, dass in sehr vielen Fällen wohl die Ausschreibungen wohl so unterirdisch schlecht sind, dass diese quasi dazu einladen im nachhinein Zusatzarbeiten abrechnen zu lassen. Findige Unternehmer erkennen die Schwächen der Ausschreibungen und geben mit Absicht ein viel zu kleines Angebot ab, um genommen zu werden. Einmal drin im Projekt besteht eine sehr sehr große Chance, dass das Bauprojekt trotz Mehrkosten durch Zusatzarbeiten mit dem Unternehmer doch noch zu Ende geführt wird.

Ein anderer Grund für explodierende Kosten für einige sehr große Bauprojekte sind aber auch, dass die Planungs, die Ausschreibung, die Entscheidung bis zum Start der Bauphase eine menge Zeit vergeht. In dieser Zeit können sich natürlich die Baumaterialien wesentlich verteuert haben. Es muss also nicht unbedingt am Unternehmer liegen, sondern auch an der Marktentwicklung für Rohstoffe.

Aus der Sicht der Stadt, des Landes, des Bundes

Die Kassen sind Leer. Zumindest wird das durch die Medien getragen. Aber nicht nur in den Zeiten, wo die Kassen leer sind muss jeder Euro zweimal umgedreht werden. Es ist die merkwürdige Denke des Preisvergleiches. Ja, auch der Staat will mehr Preise vergleichen können. Und weil der Staat Preise vergleichen möchte, entscheidet er sich ganz natürlich auch für den Anbieter/Unternehmer der das günstigste Angebot abgegeben hatte. Und das kann nicht richtig sein.

Quelle: http://www.derwesten.de/staedte/nachrichten-aus-dinslaken-huenxe-und-voerde/kein-risiko-mehr-eingehen-aimp-id8237562.html

Qualität ist nicht günstig

Wir müssen uns das wie folgt vorstellen. Die Ausschreibungen sind unvollständigt und einige Unternehmer geben darauf entsprechende und viel zu günstige Angebote ab, weil sie wissen, dass die Stadt, das Land oder der Bund genau das sehen möchten und auch annehmen werden. In der Bauphase spricht der Unternehmer die Stadt an, dass hier noch Zusatzarbeiten doch noch gemacht werden müssen mit einem entsprechenden Zusatzangebot. Da wahrscheinlich ein beauftragter Gutachter der Stadt genau das gleich bestätigt wie der Unternehmer, wird die Stadt zähneknirschend das Angebot annehmen müssen. So steigen die Kosten.

Eigentlich ist es logisch. Eigentlich ist es aber auch traurig, dass irgendjemand tatsächlich denkt, dass Qualität günstig ist und zukünftig auch sein muss.

Wer entscheidet mit einem opulenten Gehalt über den Mindestlohn?

Dobrindt denkt falsch und spricht absoluten Unsinn

Seien wir ganz ehrlich. Dobrindt hat mal wieder in die Kloschüssel gegriffen. Zumindest teilweise. Ja, ein sehr gutes Risikomanagement ist sicherlich nicht schlecht. Aber wie wäre es, wenn wieder auf mehr Qualität gesetzt werden würde? Wenn Gesetzte neu geschrieben würden, die Städte, Länder und Bund nicht dazu verpflichten das günstigste Angebot anzunehmen, sondern das qualitativ beste?

Und wenn ihr euch fragt, was denn qualitativ bessere Angebote sind, dann kann ich euch folgendes als Unternehmer sagen. Es sind die Angebote, wo der Unternehmer ganz offen die Schwächen der Ausschreibung anspricht und entweder anbietet die Ausschreibung neu zu schreiben oder wenn möglich ein Angebot vorlegt, welches mögliche Zusatzkosten bereits abdeckt. Dieses Angebot ist dann sicherlich höher, aber mit diesen Kosten und einem starken Partner an seiner Seite wird es sicherlich keine bösen Überraschungen geben.

Risikomanagement oder geht es anders